Eine ungarische Erfindung, oder die Kippen eines Patentverfahrens (Interview mit dem Erfinder der Airbagjacke) (Das originale Gespräch war am 21. Dezember 2011 in der Sendung Motour des Radiosenders motoroshang.hu zu hören, der Artikel ist eine konstruierte Variante des dort verklungenen Interviews.) Károly Tóth (Buny), Motour.hu Motormagazin: Ist die Idee der Airbag-Jacke während des Motorradfahrens gekommen, oder ist ein konkretes Ereignis vorgefallen, was ausgelöst hat, dass du über ein solches Schutzmittel nachgedacht hast?
Tamás Straub: Als ich 15 Jahre alt war, habe ich von meiner Mutter ein Moped bekommen, und wie die meisten Jugendlichen bin ich ein wenig
leichtsinnig gefahren, es gab kleinere Stürze, Ausrutschungen. Aus einem solche Anlass ist mir die Idee gekommen: Wie gut wäre es, wenn
ich nicht auf den Asphalt, sondern auf etwas Weiches fallen würde, wie zum Beispiel eine gut aufgeblasene Gummimatratze... Motour: Die Idee war da, wie weiter? Tamás Straub: Ich habe gedacht, dass das zu wenig ist, wenn sich eine neue Lösung nur in meinem Kopf formuliert, deshalb wäre es zweckmäßig, die Idee auch der Welt bekannt zu geben und als Erfindung einzureichen. Da habe ich begonnen, über das Thema in der Patentablage nachzuforschen, man muss wissen, ob es eine ähnliche frühere Lösung gibt, aber es gab keine. Ich hatte keine Hilfe, weder fachlich, noch finanziell (ich war frisch verheiratet, wir hatten ein kleines Kind), deshalb habe ich begonnen, das Patentverfahrensrecht zu studieren, was eine gesonderte Wissenschaft ist. Motour: Wurde ein Patent daraus? Tamás Straub: Schließlich habe ich meine Lösung am 30. November 1976 bei dem Patentamt eingereicht, damals war ich 24 Jahre alt. Ich habe um das Stattfinden einer aufschiebenden Überprüfung gebeten, ich habe gedacht, auch das bietet mir einen entsprechenden Schutz, weil dann, wenn eine neue Lösung, Erfindung eine Publizität erhält oder auf eine andere Art an die Öffentlichkeit gebracht wird, dann hat das schon eine Neuheit verletzende Wirkung und es kann später nicht mehr als Erfindung eingereicht werden, es kann dafür kein Patentrecht mehr erworben werden. Ich hatte mich getäuscht, aber da bin ich erst viel später dahinter gekommen. Nachdem eine kurze, aber alle bedeutenden Elemente enthaltene Beschreibung 1977 in dem Patentanzeiger erschienen ist, war ich beruhigt und ich habe mich auch einige Jahre nicht damit beschäftigt. Ich habe einen Abendkurs an der Universität für Wirtschaftswissenschaften besucht, ich habe gearbeitet, und das übliche Leben junger Eheleute gelebt. Motour: Kann man sich danach zurücklehnen? Tamás Straub: Am Ende des 4. Jahres – solange erhält eine Patentanmeldung mit aufgeschobenen Überprüfung einen Schutz – haben ich von dem Amt eine – in meiner damaligen Lage als gepfeffert erscheinende – Zahlungsaufforderung dazu erhalten, dass wir die vollkommenen Überprüfung durchführen. Nachdem ich bis dahin von nirgendwo einen Zuspruch erhalten habe, und gesehen habe, mit welchen Schwierigkeiten, Widerstand auch die Einführung der Sturzhelme verbunden ist, habe ich das Verfahren nicht weiter fortgesetzt, so ist im Grunde genommen Ende 1981 der Schutz meiner Anmeldung der Erfindung erloschen. Motour: Was ist dann mit der Erfindung passiert? Tamás Straub: Die vergangenen paar Jahre haben genügt, dass das Exemplar der ungarischen Patentanzeiger, darin das Wesentliche meiner Erfindung, um die Welt geht, so auch nach Frankreich gelangt. Danach, was tut der liebe Gott, ein „netter“ französischer Herr hat sich gleich überlegt, dass dann er die Airbag-Motorjacke erfindet. Seine Patentanmeldung hat natürlich eine Publizität in der französischen Presse erhalten, dann sofort danach auch in der ungarischen Fachpresse (Autósélet, Autó-motor). Motour: Hast du auf die Veröffentlichungen in der ungarischen Presse reagiert? Tamás Straub: Die erwähnte Presseorgane haben 1982 die Airbag-Jacke als Weltneuheit vorgestellt. Na, das konnte auch ich nicht mehr dabei belassen, ich habe der Auto-Motor-Zeitung geschrieben und Péter Surányi, der Fachjournalist von Auto-Motor, der auch heute, soviel ich weiß, Chefredakteur bei einem Automagazin ist, hat 1983 einen ganzseitigen Artikel erscheinen lassen, in dem er die Erfindung vorgestellt hat. Motour: Ich denke, das hat einen erneuten Anstoß dazu gegeben, das die Idee genutzt werden kann. Tamás Straub: Danach hab ich mehreren Firmen mit dem Ziel der Nutzung der Erfindung
geschrieben.
Eine solche war auch das
BMW-Motorradwerk, woher ich auch eine Antwort erhalten habe, aber diese war ablehnend, sie wollten sich nicht mit der Sache und mit mir beschäftigen.
Außerdem habe ich mehrere inländische Foren aufgesucht: die Stiftung Rubik Innovation, das Fernsehprogramm „Fenster“, György
Pomezansky, den Programmleiter von „Ich biete an“, usw., aber überall erhielt ich eine ablehnende Antwort. In dieser Zeit publizierte
Dr. Zoltán Papp, der Mitarbeiter des Landesrettungsdienstes (später eventuell der Leiter) war, mit dem Titel: „Der Sturzhelm ist nicht
alles“ einen Motorunfälle analysierenden Artikel. Ich habe gedacht, das passt zu meiner Angelegenheit, ich habe ihm auch geschrieben, aber
umsonst... Motour: Ist nach den ergebnislosen Jahren Ruhe eingetreten, oder hast du versucht, die Sache mit der Airbag-Jacke weiter voran zu treiben? Tamás Straub: Nein, ich habe mich nicht mit der Angelegenheit beschäftigt, weil mir keiner zugeredet hat und ich habe
in Verbindung mit der Angelegenheit eine vollkommenes Desinteresse gesehen, so habe ich nach reichlich zwei Jahrzehnten meine Erfindung „sogar
vergessen“. Schon in diesem Jahrhundert habe ich wieder vereinzelte Nachrichten gehört, dass das Leben der alltäglichen Motorradfahrer,
sowie der Motorradrennfahrer mit einer sich beim Stürzen automatisch aufblasenden Airbag-Jacke geschützt wird. Ich sage mir, die Sache ist
in Ordnung, meine Überlegungen, Erfindung sind gereift. Wenn ich auch auf Patenttantieme keinen Anspruch stellen kann, aber es ist großartig,
dass wir die körperliche Unversehrtheit der Motorradfahrer mit umso mehr Mitteln schützen. Wenn ich etwas darüber hörte, war ich
voller Stolz. Keinen Augenblick habe ich daran gedacht, dass diese Neuheit auch mit einem anderen Namen als dem meinigen verbunden werden kann. Also
ich habe mich gründlich getäuscht. Motour: Wieder hat sich jemand mit deiner Erfindung gemeldet. Hast du etwas dafür getan, dass sie endlich deine Idee anerkennen? Tamás Straub: Ich habe mich sehr über die Angelegenheit geärgert, deshalb habe ich eine mehrsprachige Webseite mit dem Titel www.airbagjacket.eu gemacht und darin publiziere ich – unter anderem – die originalen Dokumente meiner Anmeldung der Erfindung. Hinsichtlich dessen, dass meine Seite in dem Thema (für die Wörter Airbag Jacket, Jacke mit Airbag usw.) auf der größten Suchseite gut liegt, habe ich täglich viele Leser, Besucher aus den verschiedensten Gegenden der Welt. Motour: Hast du nicht an ein amtliches, rechtliches Verfahren gedacht? Tamás Straub: Anfang des Jahres 2011 haben wir mit einem Diplommaschineningenieur, einem gerichtlichen Patentanwalt für Industrierechtschutz ein amtliches Schreiben formuliert, und natürlich fachgerecht ins englische übersetzt, und ich habe es per Einschreiben mit Rückantwortschein an den begutachteten Patentberechtigten, an den Direktor des größten Herstellers nach Japan geschickt, aber eine Antwort habe ich bisher keine erhalten. Ich war ein wenig über die auf sich so stolzen Japaner enttäuscht, ich hatte mehr von der japanischen Mentalität erwartet. Motour: Keinerlei Reaktion ist von dem Hersteller gekommen? Der amtliche Weg wurde eingeleitet, an ein eventuelles gerichtliches Verfahren hast du nicht gedacht? Tamás Straub: Ich habe auch einen Patentfachjuristen konsultiert, laut dessen ich gute Chancen zur Löschung der Berechtigung und des Patents des japanischen „Erfinders“ habe, aber die Kosten für dieses Verfahren liegen in einer Millionenhöhe, weshalb die Sache gründlich überlegt werden muss. Laut des Fachmanns ist die Airbag-Jacke – nachdem 1981 der Schutz der Anmeldung meiner Erfindung abgelaufen ist – geistiger Allgemeinbesitz, deshalb kann das seitdem jeder frei herstellen. Also ist jeder an den sog. japanischen Erfinder ausgezahlte Dollar-Cent aus dem Fenster geschmissenes Geld gewesen, weil er bei einer fachgerechten Abwicklung der Neuheitsüberprüfung und des Patentverfahrens niemals das Erfinder- und Patentrecht erhalten hätte. Motour: Du hast dich wegen deiner als geistigen Allgemeinbesitz definierten Idee und der finanziellen Forderungen des Rechtsweges von den Beträgen der an andere ausgezahlten Erfinderpreise und Einnahmen verabschiedet. Was ist danach dein Ziel? Tamás Straub: Also vollkommen bin ich davon noch nicht zurückgetreten, dass ich einen Teil der mit zahlreichen internationalen Preisen verbundenen finanziellen Anerkennungen und unberechtigt erhaltenen Lizenztantieme auf rechtlichem Wege nicht fordere. Zurzeit aber ist mein vorrangiges Ziel, dass umso mehr Motorfreunde auf der Welt erfahren, dass diese Airbag-Jacke, in der er in einem gegebenen Fall Motorrad fährt und die bei einem Sturz wirkungsvoll sein Leben, seine körperliche Unversehrtheit schützt, die Realisierung einer ungarischen Erfindung ist. Deshalb habe ich auch meine Webseite zustande gebracht und vielleicht ist auch dieses kurze Gespräch von Nutzen gewesen, was ich dir, Buny, danke.
TV-Interview mit dem Erfinder (Derzeit verfügbar nur auf Ungarisch)
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